Mitleid

In diesem Artikel möchte ich etwas ausführlicher auf das Thema Mitleid eingehen, auf die Ausdrucksformen von Mitleid und seine Bedeutung. Wie wir wissen, ist es Gottes Wunsch, dass wir uns seinem Charakter so weit wie nur möglich angleichen (z.B. Matthäus 5,48; Lukas 6,36; Matthäus 5,44-45). Gott will an uns keine Charaktereigenschaften sehen, die er nicht auch selber hat. Zu den markanten Charaktereigenschaften des Schöpfers des Alls gehören auch Mitleid und alle entsprechenden Ausdrucksformen (Erbarmen, Gnade, Barmherzigkeit). Schauen wir uns einmal ein paar Bibelstellen an, die diesen Teil der göttlichen Natur zur Sprache bringen:

2. Chronik 36,15: Und Jehova, der Gott ihrer Väter, sandte zu ihnen durch seine Boten, früh sich aufmachend und sendend; denn er erbarmte sich seines Volkes und seiner Wohnung.

Nehemia 9,17: Und sie weigerten sich zu gehorchen, und gedachten nicht deiner Wunder, welche du an ihnen getan hattest; sie verhärteten ihren Nacken und setzten sich in ihrer Widerspenstigkeit ein Haupt, um zu ihrer Knechtschaft zurückzukehren. Du aber bist ein Gott der Vergebung, gnädig und barmherzig, langsam zum Zorn und groß an Güte, und du verließest sie nicht.

Nehemia 9,31: Aber in deinen großen Erbarmungen hast du ihnen nicht den Garaus gemacht und sie nicht verlassen; denn du bist ein gnädiger und barmherziger Gott.

Psalmen 106,45: und er gedachte ihnen zugut an seinen Bund, und es reute ihn nach der Menge seiner Gütigkeiten.


Gleichzeitig aber bleibt festzuhalten, dass Gott nicht wie ein Mensch ist. Wenn er seiner Gerechtigkeit freien Lauf lässt, hindert ihn sein mitfühlendes Herz nicht daran, Gericht zu halten:

Jeremia 13,14: Und ich werde sie zerschmettern einen gegen den anderen, die Väter und die Kinder allzumal, spricht Jehova; ich werde nicht Mitleid haben, noch schonen, noch mich erbarmen, daß ich sie nicht verderbe.

Klagelieder 2,17: Jehova hat getan, was er beschlossen, hat sein Wort erfüllt, das er von den Tagen der Vorzeit her entboten hat. Er hat schonungslos niedergerissen und den Feind sich über dich freuen lassen, hat das Horn deiner Bedränger erhöht.

Ezechiel 5,11: Darum, so wahr ich lebe, spricht der Herr, Jehova: Wahrlich, weil du mein Heiligtum verunreinigt hast durch alle deine Scheusale und durch alle deine Greuel, so will auch ich mein Auge abziehen ohne Mitleid, und auch ich will mich nicht erbarmen.

Ezechiel 7,4: Und mein Auge wird deiner nicht schonen, und ich werde mich nicht erbarmen; sondern ich will deine Wege über dich bringen, und deine Greuel sollen in deiner Mitte sein. Und ihr werdet wissen, daß ich Jehova bin.


Wegen seines Mitleids hat Gott viele Male das Los von Menschen und Völkern in andere Bahnen gelenkt. Und das ist keine Selbstverständlichkeit, denn in einigen Fällen scheint es nichts zu geben, das dem Zorn Gottes Einhalt geboten könnte. Wir sollten Gott in dieser Beziehung also lieber nicht versuchen! Schauen wir uns Jesus und seine Jünger an! Jesus ist für uns natürlich das beste Beispiel, wenn es um Mitleid geht, seine Haltungen und sein Leben offenbaren uns den Charakter Gottes:

Matthäus 20,30-34: Und siehe, zwei Blinde saßen am Weg. Als sie hörten, dass Jesus vorüberziehe, riefen sie und sprachen: Herr, du Sohn Davids, erbarme dich über uns! Aber das Volk gebot ihnen, sie sollten schweigen. Sie aber riefen nur noch mehr und sprachen: Herr, du Sohn Davids, erbarme dich über uns!  Und Jesus stand still, rief sie und sprach: Was wollt ihr, dass ich euch tun soll? Sie sagten zu ihm: Herr, dass unsere Augen geöffnet werden! Da erbarmte sich Jesus über sie und rührte ihre Augen an, und sogleich wurden ihre Augen wieder sehend, und sie folgten ihm nach.


Eine der Möglichkeiten, wie sich Mitgefühl äußern kann, ist das Mitleiden an dem, was einem anderen geschieht, was der andere durchlebt usw. Schauen wir uns einmal ein paar Situationen aus dem Leben Jesu an, die zeigen, dass Jesu Mitleid häufig der Grund seines Dienstes war, und schauen wir auch genau hin, was sein Mitleid dann mit dem menschlichen Leid machte:

Matthäus 9,36: Als er aber die Volksmenge sah, empfand er Mitleid mit ihnen, weil sie ermattet und vernachlässigt waren wie Schafe, die keinen Hirten haben.

Markus 6,34: Und als Jesus ausstieg, sah er eine große Volksmenge; und er hatte Erbarmen mit ihnen, denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Und er fing an, sie vieles zu lehren.


Jesus belehrte das Volk über die Wahrheiten über das Reich Gottes, weil er mit ihm Mitleid hatte.

Matthäus 14,14: Als nun Jesus ausstieg, sah er eine große Menge; und er erbarmte sich über sie und heilte ihre Kranken.


Hier sieht man, dass das Mitleid angesichts des Leids der Menschen der Grund dafür war, warum Jesus heilte.


Lukas 7,12-15: Wie er sich aber dem Stadttor näherte, siehe, da wurde ein Toter herausgetragen, der einzige Sohn seiner Mutter, und sie war eine Witwe; und viele Leute aus der Stadt begleiteten sie. Und als der Herr sie sah, erbarmte er sich über sie und sprach zu ihr: Weine nicht! Und er trat hinzu und rührte den Sarg an; die Träger aber standen still. Und er sprach: Junger Mann, ich sage dir: Steh auf! Und der Tote setzte sich auf und fing an zu reden; und er gab ihn seiner Mutter.


Wie man sieht, war Jesu Mitleid angesichts der Schmerzen dieser Witwe und auch der ganzen Volksmenge das Motiv für die Auferweckung des Jungen.


Johannes 11,32-44:  Als aber Maria dorthin kam, wo Jesus war, und ihn sah, fiel sie zu seinen Füßen nieder und sprach zu ihm: Herr, wenn du hier gewesen wärst, mein Bruder wäre nicht gestorben! Als nun Jesus sah, wie sie weinte, und wie die Juden, die mit ihr gekommen waren, weinten, seufzte er im Geist und wurde bewegt und sprach: Wo habt ihr ihn hingelegt? Sie sprechen zu ihm: Herr, komm und sieh! Jesus weinte. Da sagten die Juden: Seht, wie hatte er ihn so lieb! Etliche von ihnen aber sprachen: Konnte der, welcher dem Blinden die Augen geöffnet hat, nicht dafür sorgen, dass auch dieser nicht gestorben wäre? Jesus nun, indem er wieder bei sich selbst seufzte, kam zum Grab. Es war aber eine Höhle, und ein Stein lag darauf. Jesus spricht: Hebt den Stein weg! Martha, die Schwester des Verstorbenen, spricht zu ihm: Herr, er riecht schon, denn er ist schon vier Tage hier! Jesus spricht zu ihr: Habe ich dir nicht gesagt: Wenn du glaubst, wirst du die Herrlichkeit Gottes sehen? Da hoben sie den Stein weg, wo der Verstorbene lag. Jesus aber hob die Augen empor und sprach: Vater, ich danke dir, dass du mich erhört hast. Ich aber weiß, dass du mich allezeit erhörst; doch um der umstehenden Menge willen habe ich es gesagt, damit sie glauben, dass du mich gesandt hast. Und als er dies gesagt hatte, rief er mit lauter Stimme: Lazarus, komm heraus! Und der Verstorbene kam heraus, an Händen und Füßen mit Grabtüchern umwickelt und sein Angesicht mit einem Schweißtuch umhüllt. Jesus spricht zu ihnen: Bindet ihn los und lasst ihn gehen!


Jesus wusste schon tagelang vor der Auferweckung des Lazarus, dass es dazu kommen würde:

Johannes 11,11-15: Dies sprach er, und danach sagte er zu ihnen: Unser Freund Lazarus ist eingeschlafen; aber ich gehe hin, um ihn aufzuwecken. Da sprachen seine Jünger: Herr, wenn er eingeschlafen ist, so wird er gesund werden! Jesus aber hatte von seinem Tod geredet; sie dagegen meinten, er rede vom natürlichen Schlaf. Daraufhin nun sagte es ihnen Jesus frei heraus: Lazarus ist gestorben; und ich bin froh um euretwillen, dass ich nicht dort gewesen bin, damit ihr glaubt. Doch lasst uns zu ihm gehen!


Er ging jedoch nicht supercool zu dessen Grab und sagte: „Hej, jetzt schaut mal gut her, wie ich den hier von den Toten auferwecke!“ Ganz im Gegenteil: Obwohl er alles im Voraus wusste, wurde er von der Trauer der Umstehenden so gepackt, dass er sogar selbst zu weinen anfing.


Lukas 10,30-37: Da erwiderte Jesus und sprach: Es ging ein Mensch von Jerusalem nach Jericho hinab und fiel unter die Räuber; die zogen ihn aus und schlugen ihn und liefen davon und ließen ihn halb tot liegen, so wie er war. Es traf sich aber, dass ein Priester dieselbe Straße hinabzog; und als er ihn sah, ging er auf der anderen Seite vorüber. Ebenso kam auch ein Levit, der in der Gegend war, sah ihn und ging auf der anderen Seite vorüber. Ein Samariter aber kam auf seiner Reise in seine Nähe, und als er ihn sah, hatte er Erbarmen; und er ging zu ihm hin, verband ihm die Wunden und goss Öl und Wein darauf, hob ihn auf sein eigenes Tier, führte ihn in eine Herberge und pflegte ihn. Und am anderen Tag, als er fortzog, gab er dem Wirt zwei Denare und sprach zu ihm: Verpflege ihn! Und was du mehr aufwendest, will ich dir bezahlen, wenn ich wiederkomme. Welcher von diesen dreien ist deiner Meinung nach nun der Nächste dessen gewesen, der unter die Räuber gefallen ist? Er sprach: Der, welcher die Barmherzigkeit an ihm geübt hat! Da sprach Jesus zu ihm: So geh du hin und handle ebenso!


Jesus „lobt“ den Samariter, der Mitleid mit einem verwundeten Menschen zeigte.


Wird auch noch an anderen Stellen des Neuen Bundes von Mitleid gesprochen?


Kolosser 3,12: So zieht nun an als Gottes Auserwählte, Heilige und Geliebte herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Langmut;

1. Petrus 3,8:  Endlich aber seid alle gleich gesinnt, mitfühlend, voll brüderlicher Liebe, barmherzig, gütig!

1. Johannes 3,17:  Wer aber die Güter dieser Welt hat und seinen Bruder Not leiden sieht und sein Herz vor ihm verschließt - wie bleibt die Liebe Gottes in ihm?

Hier erkennt man deutlich, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen der Liebe Gottes und Mitleid gibt.

Das Motiv unseres Handelns muss Liebe und Mitleid sein – so, wie dies bei Jesus der Fall war. Solange wir andere Motive haben, werden wir in unserem Leben nicht die gleichen Früchte sehen, wie wir sie im Leben Jesu gesehen haben. Häufigster Grund dafür, warum wir hier scheitern, ist in der Regel der Wunsch nach Anerkennung von den Menschen (Ruhm). Wir benötigen viel Liebe und Mitleid (um das richtige Motiv zu haben, anderen zu helfen) und nur wenig von einer gewissen Härte oder Unempfänglichkeit (damit uns der Schmerz der Menschen, denen wir dienen sollen, nicht vollständig zerstört). Ein Herz wie Jesus zu haben, ist nichts Selbstverständliches, aber wenn wir es wirklich ernst meinen, wird Gott auf unsere Gebete gerne antworten. Und dann werden wir erleben, wie sich die Verse des Propheten Ezechiel in unserem Leben erfüllen (z.B. Ezechiel 36,26: Und ich werde euch ein neues Herz geben und einen neuen Geist in euer Inneres geben; und ich werde das steinerne Herz aus eurem Fleische wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben.). Unser Herz wird sich verändern. Vieleicht verändert es sich im Bruchteil einer Sekunde, vielleicht aber wird es auch nur nach und nach geschehen. Wir werden weinen, wenn wir auf Leid treffen. Es wird dann nicht darauf ankommen, wie unser konkreter Dienst aussieht. Wenn wir ein solches Herz haben werden, wird der Heilige Geist das Leben der Menschen, für die wir beten, oder mit denen wir irgendwie nur zu tun haben, durch uns berühren. Wir werden mit diesen Menschen viele Schmerzen teilen (und durchleben), doch werden wir dabei gleichzeitig auch die Anwesenheit Gottes erfahren, und wahrscheinlich werden wir viele Beispiele für die Macht Gottes sehen (Heilungen, Befreiungen, Prophezeiungen, Wunder). Denken wir über den Charakter (Herz) Jesu und darüber nach, ob wir ihm wirklich gleichen möchten. Unsere Worte sind dabei gar nicht so wichtig, denn Gott schaut auf unser Herz und er kennt unsere wirklichen Motive. Die Entscheidung liegt ganz alleine bei uns…

 
Libor Diviš

 

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